Bundesgerichtshof: Rechte von Lebendorganspendern gestärkt
Der Bundesgerichtshof verschärft die Anforderungen an Aufklärung bei Lebend-Organspende. Wenn mangelhaft über gesundheitliche Folgen aufgeklärt und die Gespräche nicht dokumentiert werden, können Organspender Schadensersatz erhalten.
Geklagt hatten zwei Nierenspender wegen der Frage, ob man Schadensersatz fordern kann, wenn es nach einer Organspende zu Problemen kommt. Der für Arzthaftungsfragen zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat dazu nunmehr ein Grundsatzurteil gefällt. Er hat in seinem Urteil die Rechte von Lebendorganspendern gestärkt. Ärzte müssen Organspender bei einer Lebendnierenspende umfassend über mögliche gesundheitliche Risiken aufklären. Die Annahme, dass der Spender sowieso sein Organ gespendet hätte, könne eine unzureichende Risikoaufklärung nicht rechtfertigen. Im konkreten Fall wies der BGH auch darauf hin, dass die Nierenspender nicht über besondere Risiken für ihre eigene Gesundheit informiert worden seien. Schon vor dem Eingriff seien die Nierenwerte der Spender nicht optimal gewesen.
Urteil von grundsätzlicher Bedeutung
Die Richter verstehen das Urteil als Stärkung des Systems der Organspende. Spender müssten sich darauf verlassen können, dass die Vorgaben, die im Transplantationsgesetz festgeschrieben sind, in der Praxis auch umgesetzt würden. Nur so könne „die Bereitschaft der Menschen zur Organspende langfristig gefördert werden“. Mit einer anderen Gesetzesauslegung wären „die Aufklärungsanforderungen unterlaufen“ worden. Zur Frage der Höhe der Schadenersatzansprüche verwies der BGH die beiden verhandelten Fälle zurück an die Vorinstanz.
Nebenwirkungen durch Lebendorganspende
Geklagt hatten zwei Organspender: Sie fordern Schmerzensgeld und Schadensersatz, weil sie sich von den Ärzten der Universitätsklinik Essen nicht genügend über die Folgen einer Lebendnierenspende aufgeklärt gefühlt haben. So habe bei den Aufklärungsgesprächen der vorgeschriebene neutrale Arzt gefehlt. Die Tochter, die für ihre Mutter, und der Ehemann, der für seine Frau eine Niere gespendet hatten, beklagen, dass sie seither unter anderem an chronischer Erschöpfung leiden. Einer der Spender brachte vor, er hätte sich bei einer vollständigen Aufklärung gegen die Spende entschieden. Die Kläger zeigten sich nach dem Urteil „glücklich, dass nun ein Schlussstrich gezogen werden“ könne. Die Ehefrau des Spenders betonte, künftig werde es für Angehörige „einfacher, Nein zu sagen“.
Kläger in den Vorinstanzen abgewiesen
In den Vorinstanzen wurden die Klagen der beiden Nierenspender abgewiesen. Das Oberlandesgericht in Hamm stellte in den Berufungsverfahren zwar Fehler bei der Aufklärung fest, ging aber davon aus, dass die beiden Spender auch bei korrekter Aufklärung einer Spende zugestimmt hätten.