18.02.2021

Impfpflicht für Arbeitnehmer gegen das SARS-CoV-2-Virus?

Die Rückkehr zur Normalität auch im Arbeitsleben wird maßgeblich von dem Gebrauch der Impfstoffe gegen das Coronavirus abhängen. Doch die Impfbereitschaft ist aus verschiedenen Gründen bei einer Vielzahl von Menschen nicht besonders groß. Da von politischer Seite bislang von der gesetzlichen Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abgesehen wurde, stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter verpflichten kann, sich impfen zu lassen oder sonst auf ihn einwirken könnte. Besonders drängend wird das Thema, wenn die Arbeitnehmer mit einer Vielzahl von Personen in Kontakt stehen und dadurch einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Eine Impfpflicht aus dem Gesetz, auf welche sich ein Arbeitgeber berufen könnte, besteht bislang nicht. Allerdings sind noch andere Rechtsquellen denkbar, die der Arbeitgeber sogar mitgestalten kann.

Beispielsweise in Tarifverträgen werden heute bereits in einigen Branchen ärztliche Untersuchungspflichten für den Arbeitnehmer geregelt. Daher wäre es auch denkbar, bei Zustimmung der Tarifvertragsparteien eine entsprechende Impfpflicht vorzusehen. Problematisch ist dabei, dass eine Impfung einen grundrechtsrelevanten Eingriff darstellen würde. Das Bundesarbeitsgericht bestätigt zwar, dass Tarifvertragsparteien bei der Aushandlung ihrer Verträge nicht unmittelbar grundrechtsgebunden sind. Grundrechtseingriffe, die unangemessen sind und das hier im Raum stehende allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie die körperliche Unversehrtheit unverhältnismäßig einschränken würden, sind jedoch unzulässig.

Letztlich wird man im Einzelfall beurteilen müssen, ob der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer solchen Maßnahme hat. Die Impfung müsste quasi Voraussetzung dafür sein, dass das Arbeitsverhältnis überhaupt durchgeführt werden kann. Das wird wohl allenfalls in Berufen der Fall sein, in denen Arbeitnehmer mit besonders infektionsanfälligen Personen, z.B. in der Altenpflege, Krankenhaus, insgesamt Personen mit höchster Schutzpriorität gem. § 2 Abs. 2 ff. CoronaImpfVO zu tun haben. In allen übrigen Fällen wird eine Impfpflicht wohl unzulässig sein.

Ähnliche Erwägungen sind bei der Überlegung anzustellen, ob durch Betriebsvereinbarung eine Impfpflicht eingeführt werden könnte.

Eine Verpflichtung könnte sich grundsätzlich auch aus einer entsprechenden Regelung im Arbeitsvertrag ergeben. Aktuell werden derartige Regelungen wohl mangels Erforderlichkeit noch keinen Eingang in Arbeitsverträge gefunden haben. Aber beim Abschluss von Neuverträgen könnten Arbeitgeber durchaus auf die Idee kommen, eine solche Regelung aufzunehmen. Arbeitsvertragsklauseln, die zur Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt sind, müssen sich nach der Rechtsprechung des BAG jedoch einer AGB-Kontrolle gem. § 305 ff. BGB unterwerfen. Das obige Ergebnis ist hierdurch auch hier zu erwarten.

Auch aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers sowie aus dem Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers und auch aus seinem Hausrecht wird sich nichts anderes ergeben, so dass eine Verpflichtung zur Impfung tatsächlich rechtlich – wenn überhaupt – auf ganz eng umgrenzte Berufsgruppen begrenzt bleiben wird.

Dem Ansinnen, dem Arbeitgeber einen Nachweis einer freiwillig vorgenommenen Impfung vorzulegen, werden aktuell wohl die datenschutzrechtlichen Vorgaben einen Strich durch die Rechnung machen.

Für den etwas kreativeren Arbeitgeber, der dennoch beabsichtigt, so viele Mitarbeiter wie möglich zu einer Impfung zu veranlassen, wäre jedoch ein anderer Ansatz denkbar:

Was mit Zwang nicht zu erreichen ist, könnte vielleicht mittels eines positiven Anreizes, z.B. einer Impf-Prämie erzielt werden.

Wie alle Sonderleistungen müsste eine entsprechende Regelung sich selbstverständlich am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz der Arbeitnehmer messen lassen. Bei Nichtgewährung der Prämie darf ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB nicht zu besorgen sein. Ob eine solche Impfprämie bzw. die Nichtzahlung an Impf-Verweigerer aktuell zulässig ist, ist rechtlich umstritten und von der Rechtsprechung noch nicht geklärt. Klar ist jedoch, dass an die Ausgestaltung einer solchen Prämie strenge Anforderungen zu stellen wären, wie beispielsweise aus der Rechtsprechung zur Gesundheitsprämie gefolgert werden kann.

Praxistipp:

Wie in den letzten Monaten so häufig zwingt die Coronapandemie auch hier dazu, rechtliches Neuland zu betreten, um auf dem Weg zurück in die Normalität weiter voran zu kommen. Wenn sich im weiteren Verlauf der bundesweiten Impfgeschehen abzeichnen sollte, dass die Impfbereitschaft zu wünschen übrig lässt, sind Arbeitgeber mit Mut gefragt, einen solchen Weg zu beschreiten. Gerne bieten wir auch hierbei jederzeit unsere Hilfestellung an – Garantien gibt es aktuell jedoch noch keine.