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01.12.2022

BAG zur Versetzung ins Ausland

Sachverhalt:

Der klagende Arbeitnehmer ist seit Januar 2018 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin – beides international tätige Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im europäischen Ausland – als Pilot beschäftigt.

Der Kläger war am Flughafen Nürnberg stationiert und hat zuletzt knapp 12.000,00 Euro im Monat verdient. Die Höhe des Entgelts beruht insbesondere auf einem Vergütungstarifvertrag für alle bundesrepublikanischen Base; der Kläger selbst ist Mitglied der einschlägigen Gewerkschaft, so dass er hiervon – aufgrund seiner Stationierung an der Base Nürnberg – profitiert hat. Tatsächlich sah der Arbeitsvertrag, in welchem die Anwendung irischen Rechts sowie die Versetzbarkeit an jeglichen anderen Standort vereinbart wurde, ein Entgelt von „nur“ ca. 75.000 Euro für das ganze Jahr vor.

Anfang 2020 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er zum 30. April 2020 dauerhaft an die Homebase der Beklagten am Flughafen Bologna versetzt werden würde. Hintergrund der Versetzung war eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Homebase in Nürnberg aufzugeben. Damit ist die Möglichkeit, den Kläger dort zu stationieren, entfallen.

Gegen die Versetzung wehrt sich der Kläger und trägt klageweise vor, dass ihm durch die Versetzung neben Einbußen hinsichtlich seines Gehalts auch sonst erhebliche Nachteile treffen. Durch die Versetzung nach Bologna würde sich seine Vergütung nach dem dort geltenden System richten. Die Versetzung sei zudem nicht von dem Weisungsrecht der Beklagten gedeckt und damit rechtswidrig.

Entscheidung:

Der Instanzenzug des Klägers blieb auch vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht ohne Erfolg.

Nachdem das Arbeitsgericht Nürnberg die Klage abgewiesen hat, wurde auch die eingelegte Berufung vom Landesarbeitsgericht Nürnberg zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde von diesem angenommen, dass die Versetzung des Klägers an die „Homebase“ der Beklagten am Flughafen Bologna nach § 106 Satz 1 GewO wirksam sei.

Auch die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Am 30.11.2022 bestätigte nun auch der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Entscheidungen der Vorinstanzen: Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. § 106 GewO begrenzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach dieser Bestimmung allerdings einer Billigkeitskontrolle.“

Die Beklagte hat den Interessen des Klägers hinreichend Rechnung getragen, so dass die Maßnahme – die Versetzung – billigem Ermessen entsprach und der durchgeführten Ausübungskontrolle standhielt.

Praxishinweis:

Für Arbeitnehmer kann sich ein Blick in den Arbeitsvertrag lohnen – vor allem dann, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um ein international tätiges Unternehmen handelt. In vielen Arbeitsverträgen ist keine Regelung/Festlegung bezüglich eines Arbeitsortes enthalten. In diesen Fällen kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers eben auch die Versetzung an einen ausländischen Arbeitsort umfassen. Die Ausübung des Weisungsrechts selbst wird durch das einzuhaltende billige Ermessen kontrolliert und begrenzt. Der Arbeitgeber hat bei der Ergreifung entsprechender Maßnahmen stets auch die Interessen des Arbeitnehmers entsprechend zu berücksichtigen.

Aufgrund der stetig fortschreitenden Internationalisierung der Arbeitswelt werden uns Entscheidungen wie die vorliegende auch künftig vermehrt beschäftigen.