„Freiwilliges“ Weihnachtsgeld – wirklich freiwillig?
Alle Jahre wieder kommt das Weihnachtsgeld – oder doch nicht? Arbeitnehmer, die keinen arbeits- oder tarifvertraglichen Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts oder Weihnachtsgeldes haben, können den Arbeitgeber unter Umständen trotzdem auf Zahlung in Anspruch nehmen; dann nämlich, wenn sich der Arbeitgeber selbst durch wiederholte freiwillige Zahlung gebunden hat.
Sachverhalt:
Der Kläger war seit dem 22.01.2003 bei der Beklagten beschäftigt. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte an den Kläger ein jährliches Weihnachtsgeld, welches mit dem Entgelt für den Monat November abgerechnet wurde. Zuletzt gewährte sie dem Kläger für November 2017 neben der Grundvergütung ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.500,00 EUR brutto. In der Abrechnung war die Zahlung als freiwilliges Weihnachtsgeld bezeichnet. In einer E-Mail vom 25.03.2020 wies der Geschäftsführer zudem darauf hin, das im Unternehmen „jährlich freiwillig“ gezahlte Weihnachtsgeld sei von den Faktoren „Arbeitsleistung, Zuverlässigkeit und Fehlzeiten“ abhängig.
Der Kläger machte geltend, die Höhe des Weihnachtsgeldes habe jedenfalls seit dem Jahr 2010 1.500,00 EUR brutto betragen. Das Weihnachtsgeld sei zudem nicht erkennbar an Bedingungen geknüpft gewesen, sondern vielmehr „ohne wenn und aber“ gezahlt worden. Auf Grund der vorbehaltlosen Zahlung sei ein Anspruch auf ein jährliches Weihnachtsgeld jedenfalls dem Grunde nach entstanden. Auch eine Arbeitsunfähigkeit stehe dem nicht entgegen.
Entscheidung:
Das BAG gab der Revision im Wesentlichen statt. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Weihnachtsgeld folge aus betrieblicher Übung. Die Beklagte habe an den Kläger, wie auch an andere Arbeitnehmer, seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im November eines jeden Jahres ein Weihnachtsgeld ohne weitere Erklärung gezahlt.
Auch der in der Entgeltabrechnung aufgenommene Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistungserbringung durch den Zusatz „freiw.“, so das BAG, stehe dem nicht entgegen. Durch die Bezeichnung einer Zahlung als freiwillige Leistung werde nur zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet sei.
Soweit die jeweilige Zahlung nicht in gleichbleibender Höhe erfolgt sein sollte, würde auch dies zu keiner abweichenden Beurteilung führen.
Zweifel gingen jedenfalls zu Lasten des Arbeitgebers.
Praxishinweis:
Die aktuellen BAG-Entscheidungen machen nochmals deutlich, dass bei einer freiwilligen Weihnachtsgratifikation unbedingt alle Jahre wieder dem Arbeitnehmer gegenüber ein ausdrücklicher Freiwilligkeitsvorbehalt zu erklären ist – zum besseren Nachweis am besten schriftlich. Weder eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag, noch ein Hinweis in der Lohnabrechnung wird nach dieser Rechtsprechung ausreichend sein. Arbeitgeber können das Entstehen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nur dadurch vermeiden, dass sie jedes Jahr neu darauf hinweisen, dass es sich auch in diesem Jahr wieder sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach um eine freiwillige Zahlung handelt, über die jedes Jahr neu entschieden wird und sich auch aus der wiederholten Zahlung kein Anspruch auf dauerhafte Zahlung ergibt.