29.06.2023

BAG: Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch Arbeitnehmer

Sachverhalt:

Die Parteien schlossen Ende März 2021 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger ab dem 01.05.2021 bei der Beklagten tätig wurde. Der Arbeitsvertrag kam durch die Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande, für deren erfolgreiche Vermittlung die Beklagte eine Provision in Höhe von 4.461,60 Euro zahlte. Nach Ablauf der im Arbeitsvertrag vereinbarten sechsmonatigen Probezeit sollten weitere 2.230,80 Euro fällig werden.

Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag enthielt in § 13 eine Regelung, wonach sich der Kläger verpflichtet, der Beklagten die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus fortbestehen und unter anderem – aus vom Kläger „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde. Bereits nach zwei Monaten kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.06.2022. Unter Verweis auf § 13 des Arbeitsvertrages behielt die Beklagte von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung einen Teilbetrag in Höhe von 809,21 Euro netto ein.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger die Zahlung des einbehaltenden Betrages. Er machte geltend, die in § 13 seines Arbeitsvertrages enthaltene Regelung benachteilige ihn entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Beklagte machte im Wege der Widerklage die Erstattung der restlichen Vermittlungsprovision geltend. Hierbei vertrat sie die Auffassung, die vertragliche Regelung sei wirksam. Ihr berechtigtes Interesse sei darin zu sehen, dass die für die Vermittlung des Klägers gezahlte Provision nur dann endgültig aufzubringen gewesen sei, wenn dieser bis zum Ablauf der vereinbarten Frist für sie tätig wäre.

Entscheidung:

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Damit bestätigt das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Entscheidungen der Vorinstanzen, welche der Klage stattgegeben und die erhobene Widerklage abgewiesen haben.

Die in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung muss sich als kontrollfähige Einmalbedingung im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB an den §§ 305 ff. BGB messen lassen. Eine entsprechende Prüfung ergibt, dass die genannte Regelung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Durch die in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung wird der Kläger in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt wäre. Nach Auffassung des Gerichts hat grundsätzlich der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet.

Aus diesem Grund besteht kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhält auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

Der Beitrag beruht auf der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2023.

Praxistipp:

Immer wieder sind sog. Rückzahlungsklauseln wie die vorliegende oder solche enthaltenden Rückzahlungsvereinbarungen Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Da entsprechende Klauseln sowie Vereinbarungen in der Regel durch den Arbeitgeber gestellt werden, sind bei der inhaltlichen Gestaltung insbesondere die Interessen von Arbeitnehmern hinreichend zu berücksichtigen. Im schlimmsten Fall ist die gesamte Rückzahlungsvereinbarung unwirksam und der Arbeitgeber bleibt – wie in dem oben geschilderten Fall – auf den Kosten sitzen.

Bei der Gestaltung stellen sich neben der grundsätzlichen Wirksamkeitsfrage Fragen zur Bindungsdauer, zu möglichen Regelungsinhalten sowie zu den die Rückzahlungspflicht auslösenden Voraussetzung. Aufgrund der sich stetig weiterentwickelnden Rechtsprechung sind die Anforderungen zahlreich und gerade für Laien schwer zu überblicken. Bei der Gestaltung wie auch bei der Überprüfung von Rückzahlungsklauseln und / oder Rückzahlungsvereinbarungen beantworten wir gerne Ihre Fragen und beraten Sie hierzu.