09.08.2024

Klassiker des Arbeitsrechts – Wann geht eine Kündigung per Post zu?

Mit dieser brisanten und äußerst praxisrelevanten Frage beschäftigte sich aktuell das Bundesarbeitsgericht.

Das Problem:

Ob ein Brief einen Tag früher oder später zugestellt wird, kann im Zweifel über monatelange Gehaltszahlungen entscheiden. Aber wann hat man die Kündigung rechtsgültig erhalten? Und muss man auch abends noch in den Briefkasten schauen? Darüber entschieden die Richterinnen und Richter am Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Aktenzeichen: 2 AZR 213 23)

Der Fall:

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber mit der Klägerin eine Kündigungsfrist von einem Vierteljahr zum Quartalsende vereinbart.

Entscheidend für den Streitfall war: Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021 gekündigt. Das Schreiben vom 28. September 2021 war von einem Postzusteller am 30. September 2021 in den Briefkasten der Frau geworfen worden.

Die Klägerin bestritt, dass ihr das Kündigungsschreiben zu den »üblichen Postzustellungszeiten« zugestellt wurde. Sie habe nicht mehr am selben Tag mit Post rechnen können. Damit müsse von einer Zustellung erst am 1. Oktober 2021 ausgegangen werden. Damit müsse das Arbeitsverhältnis aber dann noch bis zum 31. März 2022 bestehen.

Die Entscheidung:

Die Klage der Frau blieb sowohl in den Vorinstanzen als auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos. Eine Kündigung gehe zu, »sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen«, heißt es in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2024.

So bewirke der Einwurf eines Schreibens in den Briefkasten den Zugang, sobald mit der nächsten Entnahme zu rechnen sei. Postzustellungszeiten könnten zwar etwa wegen der Zustellmenge variieren, es müsse aber damit gerechnet werden, dass die Briefzustellung während der dem Postbediensteten zugewiesenen Arbeitszeit und damit innerhalb der »postüblichen Zeiten« erfolgt. In dieser Zeit müssten Empfänger auch mit dem Zugang der Briefsendungen rechnen. Sprich: Auch ein spät zugestellter Brief ist noch rechtzeitig angekommen.

Atypische Umstände, die eine Zustellung an nicht »postüblichen Zeiten« belegen würde, habe die Klägerin nicht nachgewiesen, so die Richterinnen und Richter. Damit habe die Klägerin die Kündigung noch am 30. September 2021 zur Kenntnis nehmen können.

Nicht in den Briefkasten schauen, ist also auch keine Lösung.