24.07.2019

LAG Köln: Arbeitgeber muss auf drohenden Verfall von Urlaub auch für die vorangegeangenen Kalenderjahre hinweisen

Bereits am 21.02.2019 hatten wir in unserem Blog über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2019 (Az. 9 AZR 541/15) berichtet, in der die Vorgaben des EuGH zum Urlaubsrecht (EuGH Urteil vom 06.11.2018, Aktenzeichen C – 684/16) umgesetzt wurden. Noch offen ist die Frage, ob ein Vertrauensschutz für die Vergangenheit gewährt werden wird.

Nunmehr liegt betreffend diese Frage eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vor: In dieser Entscheidung setzt das Landesarbeitsgericht Köln vom 09.04.2019 (Az.: 4 Sa 242/18)  nicht nur die neue Rechtsprechung des BAG um, wonach der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers regelmäßig nur dann am Ende des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über seinen Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat. Es entscheidet zudem, dass dies auch nicht nur für das laufende Kalenderjahr gelte, sondern auch für den Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war in der Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.03.2017 als Bote bei dem beklagten Apotheker beschäftigt. Bezüglich der Urlaubsansprüche des Klägers trafen die Parteien im Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach der Kläger seinen Jahresurlaub auf eigenen Wunsch in Form einer wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung nimmt. Statt der bezahlten 30 Stunden pro Woche arbeitete der Kläger nur 27,5 Stunden pro Woche. Die Gewährung darüberhinausgehenden Urlaubs hat der Kläger während des Arbeitsverhältnisses nicht verlangt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begehrte der Kläger einen finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Der Kläger legte Berufung ein.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger nunmehr Recht gegeben. Die Urlaubsansprüche des Klägers seien nicht durch den geringeren Arbeitszeitumfang erfüllt worden. Die wöchentliche Arbeitszeitverkürzung stelle keinen Erholungsurlaub im Sinn des Bundesurlaubsgesetzes dar. Die Urlaubsansprüche des Klägers seien auch nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Unter Berücksichtigung des europäischen Rechts verfalle der Urlaub eines Arbeitnehmers in der Regel nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlösche.

Auswirkungen:

Die Entscheidung setzt die Vorgaben des EuGH um, wonach dem Arbeitgeber die Initiativlast obliegt, im laufenden Kalenderjahr den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen. Die Frage nach einem Vertrauensschutz für die Vergangenheit verneint das LAG: Diese Obliegenheit beziehe sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren.